Manchmal kommen diesen ungeplanten Aufträge.
Im Mai 2018 ging es für mich relativ spontan zum Eurovision Songcontest nach Lissabon. Ich bin für einen Kollegen von actionpress eingesprungen und musste mich nun also das erste Mal in meinem Leben wenigstens ein bisschen mit dem ESC auseinandersetzen. Mein Glück bestand natürlich darin, dass ich „einfach nur“ Fotos machen musste und nicht auch noch texten musste, sodass ich mir zumindest nicht die Biografien der ganzen Künstler durcharbeiten musste.
Womit ich mich allerdings ziemlich beschäftigen musste, was DAS Fotografenthema: Was nehm ich mit? Und wir sprechen jetzt nicht über Jeans und Pulli. Ewig herumüberlegt war es am Ende quasi alles. Von 16mm bis 400mm und mehr oder minder alles dazwischen. Eine genaue Auflistung von meinem Arbeitsequipment führe ich unter dem Beitrag an. Neben den Kameras und Objektiven gibts da natürlich noch massenhaft Kleinkram. Akkus, Ladegeräte, Kabel ohne Ende, Kartenleser, Backup-Festplatte, Laptop, Einbein-Stativ und natürlich ein paar Speicherkarten.
Gepackt wurde dann alles in zwei Koffern und einer Tasche und damit gings nun nach Lissabon. Während dem Flug habe ich mich dann gründlicher mit dem Zeitplan und den Terminen beschäftigt. Was am Anfang noch nach purem Stress aussah, war nach dem Studium der Pläne und Mails zum Glück recht entspannt geworden. Geflogen bin ich am Mittwoch vor dem Finale, welches am Samstag stattfand. Noch am Abend des Mittwochs habe ich dann zum Einstieg eine Probe der französischen, der italienischen und des deutschen Kandidaten fotografiert. Damit konnte ich mich schonmal mit der Location, der Altice Arena, vertraut machen. Später am Abend habe ich noch die Pressekonferenz mit Jon Ola Sand (Executive Supervisor of the Eurovision Song Contest) fotografiert, was natürlich wenig stressig war. Auch Kollegen waren nicht wirklich viele da.
Am Donnerstag ging es dann für mich zur deutschen Botschaft in der portugiesischen Hauptstadt. Schon vorab habe ich gehofft, ein Porträt des deutschen Kandidaten, Michael Schulte, zu fotografieren. Das wurde aber leider am Ende recht schwer, weil Zeit natürlich kaum vorhanden war, denn er und die portugiesische Kandidatin, Cláudia Pascoal, wurden dauernd von A nach B geschleust und wirklich Ruhe gab es dann auch nicht für die zwei. So hoffte ich auf das Ende des ganzen Events, wo dann auch Interviews möglich waren.
Soweit war das Event in der Botschaft dann eine Mischung aus Konzerten und Politik. Der deutsche Botschafter in Portugal, Dr. Christof Weil, hielt eine Rede und danach durften dann die beiden Kandidaten und eine weitere Musikerin, die portugiesische Sängerin Marisa, ihre Lieder vortragen. Alles in allem ein sehr schöner Mittag und eine entspannte Atmosphäre um Fotos zu machen. Dabei hatte ich übrigens nur meine 24er und 85er Objektive. Meine Lieblinge, wenn es um Dokumentation geht.
Am Ende waren dann also die Interview-Slots. Print, Radio, Fernsehen. Fotografen waren quasi nicht anwesend, also gab es auch keinen Fotocall. Blöd für mich, aber dann halt reden. Und zwar mit der deutschen Medienansprechpartnerin des NDR. Kurzer Plausch, für wen ich da bin und schon ging es klar, dass ich nach den ganzen Interviews ein schnelles Porträt machen konnte. Blitz auf die Kamera, 24er drauf und gegen die Sonne über den Dächern Lissabons eins meiner mittlerweile Lieblingsfotos gemacht, war ich nun zufrieden. Schnell alle Fotos verschicken und dann zum nächsten Programmpunkt für mich.
Mit einer Kollegin für eine deutsche Zeitung bin ich dann durch die Altstadt Lissabons (endlich mal ein wenig Sight-Seeing) zu einem großen Platz im Zentrum der Stadt direkt am Wasser gelaufen. Dort war Public Viewing angesagt. Die Übertragung des zweiten Halbfinales konnten sich Fans der Länder dort auf einer riesigen Leinwand anschauen. Mein Plan war es Fans der Länder einzufangen, denn diese waren zwar überall in der Stadt unterwegs, aber nicht so farbenfroh gekleidet wie hier auf dem Platz. Das war jetzt deutlich entspannter und so habe ich nebenbei mit einem Auge das Halbfinale verfolgen können. Danach noch schnell die Fotos verschicken und in meine Unterkunft und schlafen.
Freitag war dann mein „Hauptkampftag“. Die finale Probe für das Finale am nächsten Tag stand an. Und das war auch der Termin, den alle anwesenden Fotografen im Kalender hatten. Also Punkt 1: früh im Pressezentrum sein, um noch einen Arbeitsplatz zu haben und danach einreihen in die Schlange vor der Arena. Nach mehr als 30 Minuten war ich dann auch mal drin, bepackt mit zwei Kameras, 16-35mm, 70-200mm und 400mm. Schnell einen gescheiten Platz – recht mittig – gesucht und losging das Spektakel. Eine komplette Durchlaufprobe der Show mit Moderation und allem drum und dran. 2,5 Stunden und fast 1400 Fotos später schnell ins Pressezentrum eilen und die Fotos fertig machen und verschicken. Fertig machen heißt für diesen Fall einfach nur die Fotos leicht in den Kontrasten korrigieren und ggf. den Beschnitt anpassen. Für ersteres verwende ich ein Preset in Lightroom, welches ich mir selber erstellt habe. Den Weißabgleich habe ich, trotz RAW, schon vor der Show fest in der Kamera eingestellt, damit dieser am Ende bei allen Fotos gleich ist und ich dort nicht korrigieren muss. Nach dem Versenden der Fotos war der Tag für mich dann auch vorbei. Unterwegs was zu Essen finden und ins Bett, den Feierabend genießen.
Showtag! Der Samstag des Finales ging für mich erst recht spät los. Im Pressezentrum war ich erst gegen 17 Uhr und habe mich schonmal eingerichtet. Wirklich viel im Sinne des Finales stand für mich nicht auf dem Plan. Die Show selber durfte ich leider nicht fotografieren, das war nur ca. 15 Fotografen der größten internationalen Agenturen gestattet. So konnte ich mich in aller Ruhe um das drumherum kümmern und streunte um die Arena. Dort standen nun tausende Fans in Schlange, um in die Arena zu kommen. Komplett im ESC-Feeling in den unterstützten Landesfarben gekleidet. Ausgestattet natürlich wieder mit 24mm und 85mm. Als die Show begann, war ich dann wieder im Pressezentrum; Fotos fertig machen und verschicken.
Nur um mich kurz danach dann wieder in eine Schlange einzureihen. Die Pressekonferenz des Gewinners nach der Show stand an. Dort stand ich dann locker eine Stunde draussen in der Schlange. Dabei hatte ich 16-35mm, 70-200mm und 400mm.
Kurz nachdem in der Halle die Siegerin, Netta aus Isreal, gekürt wurde, durften wir rein und uns vor der Siegerwand aufstellen. Völliges Chaos, sei gesagt. Wenn sich geschätzt 50 Fotografen um die besten Plätze „schlagen“, wo vielleicht 15 Fotograf hinpassen, wird das mal schnell hektisch. Also: Weitwinkel mit Blitz auf Kamera 1, 70-200 auf Kamera zwei, 400mm schultern und ab in die Menge. Ein Foto hab ich zwar bekommen, aber zufrieden bin ich nicht. Vor allem, weil die Siegerin recht schnell wieder abgehauen ist. Die Pressekonferenz habe ich dann von der Pressetribüne mit dem 400mm fotografiert und nur zum Ende mit Weitwinkel in die Menge und noch ein paar Bilder gemacht. Danach hieß es – wie immer – Fotos fertig machen und hochladen. Gegen 1 Uhr nachts hatte ich dann Feierabend. Noch schnell in die Unterkunft, den Sonntag ein wenig Sight-Seeing in Lissabon gemacht und montags wieder heim.
Was habe ich nun aus diesem Event mit nach Hause genommen? Natürlich viel Erfahrung im Sinne von „Reisen mit Equipment“ und dass ich das nächste Mal am liebsten einen Kollegen im BackOffice sitzen haben würde, der mir die Fotos verarbeitet und verschickt. Durch die sehr gute Infrastruktur wäre es nämlich kein Problem, die Fotos direkt von den Kameras übers W-LAN auf einen FTP zu laden. Das bringt am Ende natürlich ein wenig Stress weniger für mich, aber natürlich auch, dass die Fotos schnell in der Agentur online zum Verkauf stehen.